Garnveredelungen

Es gibt verschiedene Techniken um bestimmte Eigenschaften von Garnen, egal ob Tier- oder Pflanzenfaser, zu verbessern oder unerwünschte Merkmale abzumildern.

Wenn man ein Garn kauft (oder mehrere) und auf die Banderole schaut, dann erscheinen dort Begriffe wie “superwash”, “merzerisiert” oder auch “konditioniert”. Diese Prozesse der sogenannten Garnveredelungen können die positiven Eigenschaften verschiedener Fasertypen hervorheben, aber auch nachteilige Merkmale abmildern.

Manche der Techniken zur Garnveredelung haben nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt, weil chemische Stoffe wie Ammoniak, Formaldehyd und Chlor verwendet werden.

Ich hab ein wenig nach recherchiert und schreibe einfach mal die Verfahren zusammen, die am häufigsten sind.

Was ist eigentlich “superwash”?

Man liest über all bei einer Eigenschaft namens “superwash” bei Handarbeitsgarnen. Dass dahinter oft Chemie und damit verbundene gravierende Folgen für die Umwelt einhergehen wissen viele inzwischen.

Schon hat man den Salat. Die Farben und das Garn sind wirklich umwerfend, aber auch das schlechte Gewissen der Umwelt gegenüber ist immer da. Aber bedeutet denn “superwash” auch immer “umweltschädlich”? Inzwischen gibt es neue und deutlich umweltfreundliche Verfahren, die Standards wie GOTS und OekoTex genügen.

Lass uns mal das Thema etwas genauer betrachten.

Wolle filzt, wenn sich nebeneinanderliegende Fasern unauflöslich miteinander verhaken. Verantwortlich für das Verhaken sind die Schuppen auf der Faseroberfläche. Die Schuppen geben der Faser sozusagen eine Richtung, die man spüren kann, wenn man eine Locke zwischen die Finger nimmt und sie einmal von der Wurzel zur Spitze durch die aneinandergedrückten Finger zieht und einmal in umgekehrte Richtung. In Richtung der Spitze gleitet es deutlich leichter. Dieser Effekt nennt sich “direktionaler Reibungseffekt” (directional friction effect). Er sorgt auch dafür, dass z.B. Schmutz von der Wurzel zur Spitze transportiert und somit aus dem Vlies entfernt werden kann.

Man kann sagen, dass feine Fasern leichter filzen als die groben Fasern und Fasern mit einer ausgeprägterer Schuppenstruktur (also solche mit höheren Schuppen) filzen leichter.

Superwash-Garne und -Fasern werden nach dem Spinnen einem zusätzlichen Verarbeitungsschritt unterzogen, um sie schrumpffest und damit maschinenwaschbar zu machen. Interessant ist, es gibt es in der Tat einige Schafrassen, die deutlich weniger zum Filzen geeignet sind bzw. den Ruf haben, gar nicht zu filzen (Down-Rassen z.B. wie Southdown). Wenn Wolle also nicht filzen soll, müssen demnach irgendwie die Schuppen auf der Oberfläche der einzelnen Fasern verändert werden. Verbraucher wünschen sich heute pflegeleichte Kleidungsstücke. Dementsprechend wird erwartet, dass auch Textilien aus Wolle oder mit Wollanteil maschinenwaschbar und trocknergeeignet sind. Den Wünschen und Vorstellungen der Verbraucher folgend hat die Textilindustrie daher Verfahren entwickelt, mit denen genau das erreicht wird. Ob auf chemischen, physikalischem oder enzymatischem Wege, eines ist allen Verfahren gemeinsam: sie alle verändern die Schuppenstruktur an der Oberfläche der Wollfasern, um das Verhaken der einzelnen Fasern miteinander zu verhindern.

Das erste Verfahren, mit dem Wolle filzfrei ausgerüstet werden konnte, war das Chlor-Hercosett-Verfahren. Es wurde in den 1970 er Jahren entwickelt und wird inzwischen in über 20 Fabriken weltweit angewendet. In diesem Verfahren wird die lose Wolle (oder Kammzüge) mit Chlor behandelt. Das führt zu einer Veränderung der Grundsubstanz der Faser, des Keratins. Die Oberfläche wird dadurch hydrophiler, also wasserliebender und erleichtert so zum Beispiel auch das Eindringen der Farbstoffmoleküle über den interzellulären Raum in das Innere der Faser. Um diesen Zustand zu stabilisieren werden die Fasern in der Regel noch mit einem Polymer überzogen. Der wichtigste Schritt, der das Filzen verhindert, ist die Chlorierung. Auch ohne den Polymerüberzug sind die Fasern dann filzfrei, allerdings können die chemisch veränderten Proteine auch ausgewaschen werden und somit ist die filzfrei-Ausrüstung noch nicht wasch- und trocknerfest. Verläßlich und dauerhaft filzfrei werden die Fasern erst durch das Aufbringen des Polymers. Die Chlorierung macht die Faseroberfläche auch hydrophiler und somit besser benetzbar für Wasser, Farbstoffe oder eben das Polymer.

Was sind die Vor- und Nachteile von Superwash-Garn?

Das Garn, das aus diesem Prozess hervorgeht, hat einige entscheidende Vorteile:

  • Es ist maschinenwaschbar: Das ist mittlerweile klar. Da das Garn den Superwash-Prozess durchlaufen hat, kann es in der Maschine oder von Hand bei höheren Temperaturen gewaschen und ausgewrungen werden, ohne Angst vor Einlaufen oder Verfilzen zu haben.

  • Es lässt sich wunderbar färben: Alle kennen die schönen tiefen Farben oder die gesprenkelte Güte, die Indie-Färber auf Superwash-Garnen erzielen können. Dies liegt daran, dass Superwash-Garne aufgrund der Entkalkung und der glatten, mit Harz beschichteten Oberfläche mehr Farbstoff aufnehmen können als Nicht-Superwash-Garne!

  • Es ist sehr weich: Das Entfernen der Schuppen und das Umhüllen der Faser mit Harz führt zu einer viel glatteren und damit weicheren Oberfläche als die meisten Nicht-Superwash-Garne bieten können.

Es hat auch eine Reihe von Nachteilen:

  • Es ist nicht elastisch: Wenn Du einen Pullover aus Superwash-Garn gestrickt haben, wirst Du bemerkt haben, dass es nicht einfach ist, ihn nach dem Waschen wieder in Form zu bringen. Dies liegt daran, dass das Garn selbst viel von seiner Elastizität verliert – seine „Federfähigkeit“, wenn man so will, seine Fähigkeit zu halten und in die gewünschte Form zurückzuspringen – da die einzelnen Fasern nicht mehr in der Lage sind, aneinander zu haften.

  • Es ist nicht warm: Die Schuppen auf unbehandelten Wollfasern schließen Luft ein, und Luft ist gleich Wärme. Sie sind der Grund, warum Deine Wollsachen Dich auch an den kältesten Tagen warm halten, und wenn man sie entfernt, dann nimmt man dem Garn auch das Potenzial Dich zu wärmen.

  • Es weist kein Wasser ab: Wenn Du nur mit einem (nicht supergewaschenen) Pullover in einen Regenschauer geraten sind, hast Du vielleicht bemerkt, dass Du nicht so schnell nass wirst, oder? Wolle hat natürliche wasserabweisende Eigenschaften, und da sowohl die chemischen als auch die physikalischen Eigenschaften während des Superwash-Prozesses entfernt werden, wird ein Superwash-Garn Wasser nicht so gut abweisen wie ein unbehandeltes .

Neben diesen meist stoffbedingten Nachteilen sei hier noch auf den sprichwörtlichen Elefanten im Porzellanladen eingegangen: Superwash-Garne sind nicht nachhaltig. Punkt.

Warum nicht? Erklär ich Dir.

Es werden gefährliche Chemikalien verwendet. Sowohl das Chlor als auch die Chemikalien, die zur Herstellung des Polyamid-Epichlorhydrin-Harzes (das aufgetragene Polymer) verwendet werden, sind hochgiftig. Darüber hinaus reagiert das Chlor während des Chlorierungsprozesses mit den in der Wolle vorhandenen kohlenstoffbasierten (das heißt organischen) Verbindungen, wodurch adsorbierbare Organohalogene (AOX), eine weitere Gruppe von Toxinen, entstehen. Der Produktionsprozess selbst birgt die Gefahr, dass Mitarbeiter der Fabriken diesen giftigen Chemikalien ausgesetzt werden, und das dabei entstehende Abwasser enthält extrem hohe AOX-Werte. So ​​sehr, dass selbst die meisten Kläranlagen in den USA es nicht akzeptieren.

Es wird mehr Wasser und Energie verbraucht. Wenn man ein Superwash-Garn herstellt, wird ein weiterer Prozessschritt in die – ohnehin schon ziemlich lange – Produktionskette des Garns eingefügt. Mehr Prozessschritte = mehr Wasser- und Energieverbrauch im gesamten Prozess.

Es wirft Mikroplastik ab. Wenn Du ein Paar Socken aus Superwash-Garn gestrickt und sie oft gewaschen haben, wirst Du vielleicht feststellen, dass sich die glatte Beschichtung abnutzt. Der Kunststoff, der die Oberfläche des Garns bedeckt, löst sich langsam aber sicher davon und wird als Mikroplastikpartikel in den Abfluss gespült.

Es ist nicht biologisch abbaubar: Nun, es ist mit Plastik überzogene Wolle. Wolle selbst ist wunderbar kompostierbar, aber mit der Polymerbeschichtung obendrauf ist sie das nicht mehr. Wie bei allen Kunststoffen kann es bis in die Unendlichkeit dauern, bis es abgebaut ist. Bis dahin wird es schädliche Chemikalien freisetzen und die Umwelt verschmutzen. Materialaufwand und Schäden für die Umwelt- wie auch mögliche Risiken für den Träger, machen Superwash zu einem zwar praktischen, aber nicht ganz unbedenklichen Verfahren. Superwash ist eine tolle Ausstattung für Garne wie Sockenwolle- also Stücke, die problemlos und ohne großen Aufwand reinigbar sein sollten, aber bei vielen anderen Handarbeitsstücken kann mit richtiger Pflege (z.B. dem Wollwaschprogramm) auf eine filzfrei Ausstattung der Garne verzichtet werden.

Was ist aber mit dem Superwash- Garn in Deinem Vorrat? Wirf es nicht weg. Es wurde bereits produziert und würde damit nur mehr Abfall verursachen. Verwende es stattdessen um etwas Schönes zu schaffen. Das Aufbrauchen dessen, was wir haben, ist ein Eckpfeiler der Nachhaltigkeit!

Nonsuperwash

Das Gegenstück zu Superwash - Garnen sind die Nonsuperwash - Garne. Während superwash für eine intensive chemische Behandlung der Fasrern steht, bedeutet nonsuperwash nicht, dass das Garn völlig unbehandelt ist. Jede Wolle ist zumindest gewaschen, gekämmt und gesponnen. Das sind auch Behandlungsarten von Wolle.

Es gibt eine umweltfreundlichere Alternative zur Superwash-Ausrüstung, die ähnliche Eigenschaften mit sich bringt. Und das ist die Anwendung eines Enzymverfahrens. Hierbei werden mit Hilfe von umweltfreundlichen Enzymen ebenfalls Schuppen und kratzende Härchen entfernt.

Ähnlich wie bei dem Superwash-Verfahren wird das Garn dadurch weicher und filzfrei. Aber es behält hierbei seine natürlichen Eigenschaften, weil es mit keinem Polymer mehr überzogen wird. Nonsuperwash - Garne können wunderbar die natürlichen Eigenschaften von Wolle entfalten. Sie sind feuchtigkeitsabsorbierend, temperaturausgleichend und geruchsneutral. Das heißt, man schwitzt hier nicht nur weniger, sondern riecht auch nicht so streng!

Außerdem sind diese Garne immer auch umweltschonender. Denn es kommen schlichtweg weniger oder zumindest umweltfreundlicher Verfahren zum Einsatz!

Natürlich sind Nonsuperwash-Garne jedoch empfindlicher als Garne mit Superwash-Ausstattung.

Wenn die Wolle der Enzymbehandlung unterzogen wurde, sind sie zwar auch leichter waschbar und nahezu filzfrei. Jedoch ist superwash in der Regel nochmal robuster und leichter zu pflegen.

Komplett unbehandelte Wolle neigt natürlich gerne zum filzen und sollte nur sehr vorsichtig gewaschen werden.

Merzerisation

Bei Baumwollfasern wird ein Veredelungsprozess angewendet, der Merzerisation genannt wird. Ziel ist es hierbei, die Fasern in ihrer Eigenschaft zu verändern. Das so behandelte Garn weist eine sehr glatte, seidenartige Oberfläche auf, die auch nach dem Waschen erhalten bleibt. Ebenso sind die Textilien und Garne besser färbbar und deutlich fester. Für diese Veredelung wird Baumwolle unter Spannung hochkonzentrierter Natronlauge ausgesetzt. Dadurch verändert sich die Kristallstruktur innerhalb der Zellulose-Fasern. Natronlauge ist nicht primär wegen toxischer Eigenschaften ein umweltbelastender Stoff, sondern aufgrund des PH-Werts. Eine starke Lauge kann bei organischen Lebewesen zu Verätzungen von Gewebe führen und wirkt sich ungünstig auf das Gleichgewicht in Wasserlebensräumen aus. Fakt ist, dass die Natronlauge mit Salzsäure zu Salzwasser neutralisiert werden kann.

Konditionierung

Diese Garne verfügen über einen einheitlichen Feuchtigkeitsgehalt innerhalb der Faser. Bei der finalen Gewichtskontrolle wird vom ersteller darauf geachtet, dass alle Garne der Produktion/ Charge einen gleichen prozentualen Anteil an Feuchtigkeit aufweisen. Wolle verändert ihr Gewicht je nach Luftfeuchte-Niveau der Lagerstätte- eine hohe Luftfeuchte kann die Knäule schwerer werden lassen, eine geringe Luftfeuchte sorgt dafür, dass Garne ein klein wenig leichter werden. Konditionierte Garne werden während und nach der Produktion bei einem vergleichbaren Luftfeuchte-Niveau abgemessen und abgewogen. Somit sind die Knäule bei identischen Umgebungsbedingungen auch gleich schwer. Konditionierung ist also weniger ein Veredelungsverfahren, sondern mehr ein Hinweis auf eine einheitliche Raumumgebung während des Abwiegens.